Mittwoch, 14. Januar 2004
Manchmal frage ich mich...
...wer ich eigentlich bin. Oder was ich bin.
Dozentin, Webdesignerin, Vertriebsleiterin, Reiseleiterin, Journalistin (ja, auch das noch gelegentlich, falls ich nicht vergesse, meinen Presseausweis zu verlängern), Buchhalterin, Sekretärin...
Das alles bin ich irgendwie, irgendwann. Und zwischendurch bin ich Nachbarin, Hobbygärtnerin, Tochter, Schwester (letzteres immer dann, wenn die Jette wen zum Anschreien braucht und ihr dann einfällt, dass es mich noch gibt).
Früher war ich mal noch Mutter und Freundin, aber in den letzten Wochen habe ich immer stärker das Gefühl, dass ich geraden diesen beiden Rollen, die mir persönlich am wichtigsten sind, nicht mehr gerecht werde. Wann sehe ich Chris schon mal, wann habe ich Gelegenheit, mit ihm zu reden?
Vorhin, zwischen Zähneputzen und seinem ersten Kaffee, erzählte er mir, dass er Freitag und Samstag wieder arbeitet, dass er Rückenschmerzen hat und wie froh er ist, dass er doch in die Großdruckerei wechseln kann. Ich erzählte, dass ich am Samstag im Büro sein werde, falls die Telekom sich an ihre Zusagen hält und dass ich den Rest des Wochenendes für ein paar Aufträge und Angebote reserviert habe und Ruhe brauche.
Mehr war nicht möglich.
Und bei meinen Freundschaften sieht es noch viel schlimmer aus. Die Menschen, die mir am wichtigsten sind, sind auf dieses Tagebuch angewiesen, wenn sie wissen wollen, wie es mir geht. Nicht einmal zu individuellen Mails reicht meine Kraft.
Zeit hätte ich gehabt, gestern Abend. Denn bereits gegen 18 Uhr war ich daheim. Aber ich hab sie vertrödelt, die Zeit, indem ich mir was zu essen gemacht habe und eine Kanne Tee. Und dann habe ich nichts getan, jedenfalls nichts sinnvolles, weil mir schon wieder so elend zumute war. Ich hätte mich noch auf ein paar Überweisungen konzentrieren müssen, aber ich fühlte mich so kribbelig und mein Rücken ist dermaßen verspannt, dass ich schon allein davon Kopfschmerzen bekomme. Also hab ich auf der Couch gehockt, durch ein sinnloses Fernsehprogramm gezapt und nicht einmal gelesen, so kaputt war ich. Selbst zum Abwasch musste ich mich zwingen.
Ich bin unzufrieden mit mir. Ich schaffe nicht genug, aber ich schaffe es auch nicht, eine Auszeit zu nehmen, bzw. ich erhole mich nicht wirklich an einem solchen vertrödelten Abend.
Um Ostern hätte ich frei. Da könnte ich nach Hiddensee. Aber am Karfreitag hat Mutti Geburtstag und feiert am Samstag. Also könnte ich erst Sonntag los. Das würde sich nur lohnen, wenn ich bis zum nächsten Sonntag bleiben kann. Aber ob das von den Aufträgen her möglich ist???
Und nein, es ist überhaupt nicht möglich, fällt mir gerade ein, denn um diese Jahreszeit muss der Garten frisch gestärkt und gebügelt werden, sonst rasten die Spinner im Verein wieder aus.
Na gut, egal, Garten ist ja keine Arbeit, das könnte ja Erholung sein, wenn es mir die Idi*** vom Verein nicht immerzu vermiesen würden.
Aber wer weiß, was bis dahin überhaupt ist. Vielleicht gibt es mich bis dahin gar nicht mehr, oder ich bin so krank, dass mir egal ist, was wird...

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Hallo Mira,
die Hälfte von dem was du schreibst, hätte auch von mir sein können, die nächsten Tage bei mir sind auch mit Arbeit angefüllt, dass es schwer fällt, mal ein paar Minuten echte Ruhe zu finden. Und die sollten wir finden. Was hätte man sonst noch vom Leben. Sei also nicht unzufrieden mit dir, sondern höchstens mit den Umständen. Vielleicht kann man die zum Besseren ändern.

Liebe Grüße
Detlef

Freu mich auf deinen Besuch in der Gartenlaube ;o)

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Hallo Mira,

wenn man anfängt sich die Frage zu stellen, was man eigentlich alles ist, dann ist dies ein Zeichen absoluter Unzufriedenheit mit der gesamten Situation. Allerhöchste Zeit etwas zu ändern!

Nicht die Anderen setzen einen unter Druck, nein, man selbst stellt einfach zu hohe Anforderungen an sich. Dein Körper signalisiert es dir überdeutlich: "Es reicht!"
Das ist nach meiner Erfahrung der Zeitpunkt, an dem man sich eine gewisse LMAA-Einstellung zueigen machen soll. Wenn dir ein "vertrödelter Abend keine Entspannung bringt, liegt es vielleicht daran, dass du dir Selbstvorwürfe machst weil du in dieser Zeit nichts Produktives geschaffen hast?

An deiner Stelle würde ich die Aktion "Hiddensee" noch nicht abschreiben. Muttis Geburtstag kannst und willst du bestimmt nicht versäumen, aber wegen den Aufträgen findet sich immer ein Weg. Teil deinen Klienten einfach rechtzeitig mit, dass du eben in jener Woche nicht da bist und damit basta. Keiner wechselt den Laden, in dem er üblicherweise einkauft, nur weil der auch mal Betriebsferien hat.
Und wegen dem Garten? Der ist auch noch da wenn du zurückkommst und die Idis sollen dir einfach den Buckel runterrutschen.

Treffe einfach für dich selbst die Entscheidungen und vertrete sie selbstsicher den anderen gegenüber und sie werden es respektieren.

Liebe Grüsse,
Markus

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